Montana Sacra – Der heilige Berg

The Holy Mountain

Ein Dieb zieht durch eine surrealistische Fantasiewelt, geprägt von Habgier und Hedonismus, entstellten religiösen Praktiken, und einer grausamen Militärdiktatur. In einem mysteriösen Turm begegnet er einem Alchemisten, der ihn und sieben weitere Menschen zur Unsterblichkeit führen will.

Unsterblichkeit hat durch den heiligen Berg auch Alejandro Jodorowsky erlangt, der für Drehbuch, Regie und Produktion des Kultfilms verantwortlich ist und sogar als Schauspieler mitwirkte. Die einfach gestrickte Handlung, nur gelegentlich von unterhaltsamen Montagen unterbrochen, ist dabei nicht wirklich der Hauptgrund für den legendären Status der mexikanischen Satire aus dem Jahr 1973. Stattdessen sind es die vielen absurden Schauplätze und Ereignisse, wie auch ihre kompromisslose Inszenierung, die Assoziationen mit Tarot-Mystizismus und sogar biblischer Bildsprache wachruft, welche den Film zu einem außergewöhnlichen Erlebnis machen.

Gerade in der Flut spektakulärer, nicht selten verstörender Bilder liegt aber die besondere Wirkung des Films: Im Minutentakt tischt er dem Publikum neue Kulissen, merkwürdige Figuren und obszöne Motive auf. Dabei sorgt nicht nur die reiche Ausstattung und Dimension der Sets für Staunen. Vor allem Gewalt wird in verschiedenen Graden der Abstraktion inszeniert – und geht trotzdem ins Mark. Vor der Ausstellung von Nacktheit, Tierquälerei und behinderten Menschen schreckt Jodorowsky ebenso wenig zurück.

Jodorowskys schriller und exzentrischer Stil hat unwiderlegbar großen Einfluss auf die Filmwelt genommen. Der häufige Einsatz von zentralperspektivischen Einstellungen oder das intensive Zusammenspiel von Geometrie und Farbe sind ein Fest für das Auge. Kein Wunder also, dass sich die von Jodorowsky etablierten Techniken auch bei Regisseuren wie Wes Anderson wiederfinden.

Obwohl viele der damals “anstößigen” Szenen  über die Jahrzehnte an skandalöser Wirkung verloren haben, stechen manche Aspekte des Filmes in ihrer Aktualität und Brisanz überraschend hervor. Jodorowsky hat mit “Der heilige Berg” nicht nur die grausamen Realitäten seiner Zeit entlarvt, sondern einen universell menschlichen Essay über die Suche nach Erfüllung und Erleuchtung in einer dekadenten Konsumgesellschaft entworfen. Der Film rüttelt sowohl pointiert auf und stimuliert zugleich die Fantasie des Publikums.

Die traumartige Odyssee durch eine Gesellschaft zwischen Perversion und Spiritualismus, in der römische Legionäre, freizügig gekleidete Nonnen und riesige “Fuck-Machines” nebeneinander existieren, hält eine große Vielfalt an Themen, Symbolen und versteckten Anspielungen bereit, die selbst das wiederholte Anschauen zu einer lohnenswerten Erfahrung machen.