Im Nebel Lauert Die Gefahr

Eine Stadt im Smog

Eine chronologische Betrachtung von Smog im Kino

Die “Große Beschleunigung” treibt die Industrialisierung in der Nachkriegswelt voran und belastet dabei zunehmend die Umwelt. In London sterben 1952 12.000 Menschen beim “Great Smog”, also der Verbindung aus Rauch und Nebel. Gerade die Luftverschmutzung löst in den Sechzigern ein neues ökologisches Bewusstsein aus. Smog taucht schon bald in Filmen auf, anfangs noch in Erklärvideos für Umweltschutz, bald darauf im klassischen Kino. Er dient oft der Effekthascherei, um ein düsteres Ambiente zu erzeugen. Immer häufiger spielt der Smog aber selbst eine zentrale Rolle und wird benutzt, um gesellschaftliche und politische Probleme sichtbar zu machen.

Nebelerscheinungen kennt man natürlich schon aus Horrorfilmen oder Thrillern. Im Nebel lauert die Gefahr, die man nicht erkennt. Antagonisten werden oft bei ihren Auftritten von dichten Nebelschwaden begleitet. Gute Beispiele dafür sind die White Walkers in “Game of Thrones”, oder die Toten aus John Carpenter´s Klassiker “The Fog”. In beiden Fällen ist der Nebel angsteinflößend, weil sich mit ihm etwas Böses auf die Protagonist*innen zubewegt.

Es gibt aber auch – zugegebenermaßen abstruse – Beispiele, bei denen der Bösewicht selbst in Nebel bzw. Rauchform erscheint, so zum Beispiel in der höchst unterhaltsamen Mystery Serie “Lost”, oder dem Kultklassiker “Godzilla vs Hedorah”, in dem Godzilla die Menschheit vor einem Smog Monster beschützen muss, das sich durch Umweltverschmutzung ernährt und weiter wächst. Auch wenn die politische Botschaft nicht besonders subtil ist, sieht man in “Godzilla vs. Hedorah” bereits wie Smog symbolisch für die Umweltzerstörung genutzt wird.

1973 strahlte der WDR den Film “Smog” aus, der unter der Regie von Wolfgang Petersen – später bekannt für “Das Boot” – entstand. Der Film zeigt eine fiktive Smog-Katastrophe im Ruhrgebiet. Dabei sehen wir vor allem Fernsehberichte und dokumentarisch gehaltene Szenen auf den smogverhangenen Straßen. Bei seiner Ausstrahlung hielten einige Zuschauer*innen den Film für echt und riefen aus Angst beim Sender an.
Petersens Film ist für einen Katastrophenfilm noch recht gemäßigt. Nach vier Tagen zieht der Smog ab und die Verantwortlichen kommen unbehelligt davon. Dennoch verdeutlicht der Film die Gefahr von hoher Schadstoffbelastung und die zunehmende Verbreitung eines ökologischen Bewusstseins.

Noch häufiger begegnet man Smog aber in Science Fiction Filmen. In den “Blade Runner” Filmen oder Neill Blomkamps “Elysium” sehen wir dystopische Versionen von Los Angeles, in der die Luft wie in ein schmutziger Filter über der urbanen Landschaft liegt. Die Schadstoffe der Fabriken sind überall zu erkennen. Auch in anderen Endzeitvisionen wie “The Road” oder “Children of Men”, hängen dichte erdige Nebelbänke in der gesamten Gegend.
Der Smog ist hier nicht mehr eine Warnung, die ebenso schnell vorbei gehen kann, wie sie aufgetaucht ist. Er hat die Welt – unsere Welt – in seinen milchigen Schleier gezogen. Die ökologische Katastrophe ist bereits geschehen.


Soldaten bewachen eine Fabrik, die komplett in Smog eingehüllt ist

Science Fiction Filme zeigen uns Versionen und Visionen unseres Planeten, um auf Missstände aufmerksam zu machen, die schon hier und jetzt existieren.
Ob der Smog in diesen Filmen nun rein der visuellen Gestaltung dient oder nicht, er lässt uns erkennen, wie vergiftet und beschädigt die Welt dort geworden ist. Er zeigt eine komplette Abkehr von der Natur. Er ist ein Bild für den Industrialisierungswahn, den Zerfall wohlhabender Länder, die sich in ihrer Entwicklung am meisten Schaden selbst zufügen.

Smog macht aber nicht nur auf ökologische Versäumnisse aufmerksam. Er zeigt auch die Diskrepanz zwischen Arm und Reich. In “Elysium” bauen sich die Ultrareichen – ähnlich den aktuellen Plänen von Bezos oder Musk – einen Mikrokosmos auf einer Raumstation, während der Rest der Menschheit in einer verschmutzten Welt, ohne qualitative medizinische Versorgung zurückbleibt. Der Unterschied dieser Welten wird wiederholt durch die schlechte Luftqualität auf der Erde betont. Der Protagonist lernt ein kleines Mädchen kennen, das nur auf der Raumstation von ihrer schwere Leukämie geheilt werden kann. “Elysium” zeigt damit die traurige Wirklichkeit, dass Umweltverschmutzungen vor allem den Menschen direkten Schaden zufügen, die sich keinen anderen Job, Lebensstil oder Wohnsitz leisten können.

Der Film, der dieses reale Problem wahrscheinlich am besten darlegt, ist die 2015 veröffentlichte chinesische Dokumentation “Under The Dome”. Darin präsentiert die Journalistin Chai Jing wie gefährlich der Smog in China ist und dass gerade die Arbeiter*innen der Industrie, die immer beschützt werden sollen, am meisten gesundheitlichen Schaden nehmen. Nach ursprünglichem Zuspruch der Regierung wurde der Film zensiert, um die Debatte einzudämmen.

 

Der Film wurde häufig mit Al Gores “An Inconvenient Truth” verglichen, nicht nur wegen der Vortragsform, sondern vor allem der Aufmerksamkeit, die er zur Veröffentlichung online generieren konnte. Binnen weniger Tage, wurde er in China 150 Millionen mal gesehen und konnte Druck auf die Regierung aufbauen, die sich sonst oft mit Umweltschutzmaßnahmen rühmt. Leider hat das Thema seitdem nur an Relevanz gewonnen. Es gibt weltweit zunehmend mehr Filme, die Luftverschmutzung und damit verbundene politische Forderungen zu ihrem Thema machen. Besonders in stärker betroffenen Regionen z.B. in Teilen des Irans, China, Polen oder Indien, wollen Filmemacher*innen die Städte unter den Smogwolken, sowie die vernachlässigte Regulation von Energiekonzernen sichtbar machen.