The Juniper Tree

Margit und Jonas sitzen auf einer Wiese, hinter ihnen die Berge. Margit singt ein Lied.

Mit ihrer Adaption des unbekannteren Grimmschen Märchens “Vom Wacholderbaum”,  schafft Nietzchka Keene, ein verstörendes Drama, in dem die Toten nicht verschwinden können und die Lebenden an ihrer Trauer zerbrechen.

Irgendwo zwischen Bergen und Heide, wo ein “Es war einmal” in der Luft liegt, durchqueren die Schwestern Margit und Katla die Landschaft. Auf der Flucht, nachdem man ihre Mutter als Hexe verbrannt hat, treffen sie unerwarteterweise den Witwer Johan und seinen Sohn Jonas, die in einer einfachen Hütte wohnen. Katla und Johan heiraten, um einen Weg aus ihrer Trauer zu finden. Jonas rebelliert gegen die neue Stiefmutter während Margit entdeckt, dass sie mit den Toten in Kontakt treten kann, wie schon ihre Mutter.

Keene  übersetzt das düstere Märchen in eine Art Kammerspiel, eine Hütte voller Hoffnung, umgeben von Wildnis, Bergen und einer Grabstätte. Das körnige Schwarzweiß belebt die stille Landschaft, transportiert aber auch die mystischen und düsteren Elemente.

Die Hauptfigur in diesem reduzierten Ensemble ist die jüngere Schwester Margit. Sie wächst in eine Welt herein, die kalt und brutal ist, sucht ihre Rolle in der trauergeschundenen Patchwork-Familie und steht gleichzeitig über den alltäglichen Dingen, da sie zwischen der Welt der Toten und Lebenden changiert.
Verkörpert wird sie von der isländischen Sängerin Björk, die zum Drehzeitpunkt noch kein Avantgarde-Pop Superstar war. Ihre dunklen Augen scheinen voll Neugier, ohne sich in die zermürbende Tristesse ihrer Umgebung einzufügen.

Björk in der Rolle der Margit

Auch die anderen Darsteller*innen hauchen den steifen Märchenfiguren Leben ein. Katla ist nicht die klassische böse Stiefmutter, sie möchte akzeptiert werden und wieder Teil einer Familie sein. Die Interaktionen zwischen den Figuren ist teils gewaltsam, teilweise aber auch liebevoll und intim. So schafft Keene eine angemessene Interpretation der sonst so schablonenartigen Märchengestalten.

“The Juniper Tree” fühlt sich oft sehr klassisch, gar lyrisch an, bricht diese Stimmung aber immer wieder mit irritierenden Elementen: der gesangartige isländische Akzent, die Diskrepanz zwischen fulminanten Bildern und reduziertem Setting, die angespannte Musik und übernatürlichen Geschehnisse. Diese eigenartige Mischung von Stilen und Motiven gelingt größtenteils, geholfen durch die bezaubernd demystifizierenden Leistungen der Darsteller*innen.

The Juniper Tree läuft jetzt auf MUBI